Marktplatz früher und heute
Vor rund 800 Jahren befand sich auf dem heutigen Marktplatz im Zentrum der Gemeinde Eitorf eine mittelalterliche Anlage aus Friedhof, Kirche und Maueranlage. Um 1700 wird der Friedhof an seinen heutigen Standort verlegt. 1889 wird die bis dato verfallene Kirche abgerissen – es bleibt nur der Kirchturm, der sich auch heute noch im Wappen der Gemeinde Eitorf als Ortssymbol wiederfindet. Bei einem Bombenangriff im März 1945 wird der Turm zerstört und zum Grab für fast 30 Menschen. Der mittelalterliche Kern von Eitorf ist damit vollends zerstört, der Platz liegt in den Folgejahren brach. Erst im Jahre 1959 wird der Marktplatz zu einem Großparkplatz umgestaltet. Diese funktionale Nutzung hat er bis heute inne.
InHK und öffentliches Planungsverfahren 2016
Seit vielen Jahren wird in der Öffentlichkeit und Politik kontrovers über die Nutzung des Platzes diskutiert. Während einige weiterhin an einer Nutzung als Parkplatz festhalten, wünschen sich andere einen attraktiven öffentlichen Raum zum Aufenthalt – einen Treffpunkt mitten im Zentrum der Gemeinde. Im Rahmen eines städtebaulichen Werkstattverfahrens wurden im Jahr 2016 drei Planungsalternativen für den Marktplatz in Kombination mit der Brückenstraße/L 86, dem Posthof, dem Kirchenvorplatz und der Eipstraße entwickelt. Das Werkstattverfahren startete mit einer öffentlichen Veranstaltung im Leonardo und endete mit einer Vorstellung und Ausstellung der Planungsentwürfe auf dem Marktplatz. Eine Jury, bestehend aus zwei externen Fachleuten, politischen Vertretern aller Fraktionen, dem Bürgermeister und Fachleuten aus der Gemeindeverwaltung wählte einstimmig den Entwurf des Büros [f] landschaftsarchitektur als favorisierte Planung aus. Diese Planung wurde Ende 2016 einstimmig vom Rat beschlossen.
Planung von [f] landschaftsarchitektur
Der Entwurf von [f] landschaftsarchitektur sieht eine übergreifende Neugestaltung der Mitte Eitorfs vor. Das bedeutet eine qualitätsvolle Freiraumgestaltung und eine nachhaltige Veränderung der Verkehrssituation. Der gesamte Bereich soll mit einem durchgehenden Pflasterteppich als Stadtboden von Fassade zu Fassade belegt werden. Die heute dominierende Verkehrsinfrastruktur und die Überfrachtung des öffentlichen Raums mit Stadtmobiliar, Stufen und Parkplätzen werden bewusst zurückgenommen. Eingefasst wird der zentrale Platz durch die neu zu pflanzenden hochgewachsenen Bäume und den darunterliegenden Aktivitätsring. Dieser gibt die Möglichkeit für einen entspannten Aufenthalt mit Sitz- und Spielgelegenheiten.
Modifikation der Planung, Förderantrag und Bürgerentscheid 2018-2019
Im Jahr 2018 kam es auf Wunsch der Bezirksregierung Köln zu einer Modifikation der Planung, um die Dominanz der Parkplätze inmitten des Platzes zu mindern. Auch diese modifizierte Planung wurde vom Gemeinderat im Dezember 2018 einstimmig beschlossen. Die überarbeitete Planung wurde mit dem Förderantrag im Januar 2019 dem Fördermittelgeber erneut vorgelegt.
Ungefähr zeitgleich wurde von Seiten der „Bürgerinitiative (BI) zur Wiederbelebung des Ortskerns in Eitorf“ zunächst ein Bürgerbegehren und bis Juni 2019 ein Bürgerentscheid angeregt, um die Umsetzung dieser Planung zu verhindern. Im Rahmen des Bürgerentscheids entschied sich die Mehrheit der abgegebenen Stimmen dazu, dass für die Dauer von zwei Jahren die Parkplätze im heutigen Umfang erhalten bleiben müssen.
Im August 2019 erhielt die Gemeinde Eitorf einen Förderbescheid von der Bezirksregierung Köln, in dem u. a. die beantragte Umgestaltung des Marktplatzes mit zuwendungsfähigen Ausgaben i. H. v. rund 3,86 Millionen Euro positiv berücksichtigt wurde. Diese Förderzusage wurde unter den Vorbehalt gestellt, dass das Ergebnis des Bürgerentscheids nicht dem Ratsbeschluss von Dezember 2018 entgegenstehe. Aufgrund des Ergebnisses des Bürgerentscheides konnte sodann eine Umsetzung der Pläne zur bewilligten Marktplatzneugestaltung nicht angegangen werden.
Stand Juni 2020 und weiteres Vorgehen
Der Entwurf von [f] landschaftsarchitektur ist gemäß des Ratsbeschlusses vom 9. Dezember 2019 auch weiterhin die Basis des Planungsprozesses. Es ist vorgesehen, diesen Entwurf unter Beteiligung von Bürger*innen, Anlieger*innen, Vertreter*innen der BI, weiteren Interessenvertreter*innen und Fachplaner*innen zu überarbeiten, um auf dieser Basis voraussichtlich im September 2021 einen erneuten Förderantrag stellen zu können.
Parallel sind entscheidende Zusammenhänge mit einer möglichen Umgestaltung des Rathausareals zu klären.
Grundsätzliches
Allgemein ist festzuhalten, dass der Gemeinde Eitorf die Planungshoheit obliegt. Es steht ihr frei, unter Beachtung vorliegender Beschlüsse, auch ohne Rückgriff auf Fördermittel eine Umgestaltung des Marktplatzes vorzunehmen. Die Neuanlage von Parkplätzen ist nicht förderfähig. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Gemeinde mit der Beantragung von Fördermitteln für den Zentralort bestätigt, dass die Regelungen zur Stärkung der Innenstädte (u. a. geregelt im BauGB, in der BauNO, Landesentwicklungsplan und Einzelhandelserlass) beachtet werden. Die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit zentrums- bzw. nahversorgungsrelevanten Sortimenten an städtebaulich nicht integrierten, dezentralen Standorten steht dem gegenüber.